29./30.9. - der Schwarze Donnerstag jährt sich zum 2. Mal
und nach wie vor wurde das brutale Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung nicht aufgeklärt. Schlimmer noch - von politischer wie auch juristischer Seite wurde alles dagegen unternommen, dass zumindest in diesem Punkt endlich eine Befriedung in Stuttgart stattfinden kann. Bei logischer Betrachtung wird aber auch klar, warum derart gegen die Wahrheit und eine Bestrafung der damaligen Verantwortlichen angearbeitet wird. Eine Befriedung hätte zur Folge, dass die jahrelang sorgfältig geplante betriebene Kriminalisierung und die gezielte Separation der S21-GegnerInnen innerhalb und außerhalb Stuttgarts hinfällig würde. Ein völlig sinnfreies milliardenschweres Projekt braucht natürlich in der Bevölkerung eine gewisse Unterstützung - oder zumindest die Gleichgültigkeit oder Resignation weiter Bevölkerungsteile. Mit einer vollständigen Aufklärung und dem Eingeständnis, dass da vieles hinter den Kulissen anders gelaufen ist als nach vorne bislang kommuniziert wurde, wäre diese stillschweigende Unterstützung oder auch Resignation vermutlich hinfällig.
Kontext beschreibt heute den 30.9. und das daraus resultierende politische, juristische und polizeiliche Hintergrundgeschachere sehr ausführlich und ist unbedingt lesenswert.
Beispiel Politik:
Wer gegen Stuttgart 21 protestiert, ist potenziell gewalttätig und stört vor allem im Wahlkampf. So hatte das noch die alte CDU-FDP-Regierung gesehen, die um ihre Wiederwahl fürchten musste. Das damals CDU-geführte Innenministerium traf Vorsorge und erließ einen sogenannten Rahmenbefehl, wonach sämtliche Polizeibehörden bei der Überwachung der Protestbewegung zusammenzuarbeiten hatten und darüber hinaus der Verfassungsschutz tätig werden musste. Von da an nahmen auch zivile Spitzel an den bis dahin ausnahmslos friedlich verlaufenen Demonstrationen teil und halfen mit, sogenannte Gefährdungslagebilder zu erstellen und Buch zu führen darüber, wer, wann und wo Protestveranstaltungen organisiert hat. Und seien es nur "Parkgebete", Gottesdienste unter Bäumen, die damals noch nicht abgeholzt waren.
Wer gegen Stuttgart 21 protestiert, ist potenziell gewalttätig und stört vor allem den Koalitionsfrieden. So scheint das die neue grün-rote Regierung zu sehen. Das inzwischen SPD-geführte Innenministerium erneuerte nämlich im Dezember 2011 ebenjenen Rahmenbefehl – ohne inhaltliche Abstriche. Und der neue Innenminister Reinhold Gall ließ bei mehreren Gelegenheiten wissen, dass er seine Polizei in Sachen Schwarzer Donnerstag außen vor sieht: "Die Gewalt ging damals von den Demonstranten aus."
Genau genommen ist dieser Artikel derart detailgetreu und nachvollziehbar, dass er Pflichtlektüre für jeden in Baden-Württemberg oder darüber hinaus sein sollte. Pflichtlektüre deshalb, weil es die dringliche Pflicht eines jeden Bürgers und jeder Bürgerin wäre, endlich die wahren Zusammenhänge zu erkennen, aufzuwachen und etwas dagegen zu unternehmen und sei es auch nur, Solidarität zu zeigen. Denn die Art und Weise des Vorgehens gegen die S21-GegnerInnen, die damit in den Augen der Politik und der Justiz zu SystemkritikerInnen werden, die mit allen Mitteln bekämpft werden müssen, ist keineswegs eine einmalige, besondere Situation. Sie findet überall statt, ob in Frankfurt, in Spanien, Portugal, Chile oder im Susatal und immer mit denselben Mitteln. BürgerInnen protestieren gegen unsinnige Großprojekte, gegen die Bildungs- oder Finanzpolitik. Wird der Protest zu groß, wird von Klonkrieger-Kohorten draufgeschlagen, gleichgültig wie friedlich die Masse ist. Es werden wahllos Leute rausgezogen und abgeführt. Wohnungsdurchsuchungen und Gerichtsverfahren folgen. Die Medien spucken die immer gleichen Parolen und Bilder aus, die mit Worten wie "gewalttätig" "ein paar hundert! Demonstranten" und "der verbitterte Rest der Gegner" gespickt werden und sich genau so in den Köpfen der Mitlesenden und Fernsehenden festsetzen.
Teile und herrsche. Natürlich immer zum Wohle ein paar Weniger.
Die Süddeutsche schreibt am 18.9.2012 dazu:
Reiche trotz Finanzkrise immer reicher
Der Wohlstand in Deutschland hat laut dem Bericht zuletzt kräftig zugenommen. Maßgeblich ist dabei das Nettovermögen, zu dem etwa Immobilien, Geldanlagen, Bauland oder Ansprüche aus Betriebsrenten gehören. Das Arbeitsministerium schreibt dazu: "Während das Nettovermögen des deutschen Staates zwischen Anfang 1992 und Anfang 2012 um über 800 Milliarden Euro zurückging, hat sich das Nettovermögen der privaten Haushalte von knapp 4,6 auf rund 10 Billionen Euro mehr als verdoppelt."
und:
Das private Nettovermögen hat sich nach den Regierungsangaben allein zwischen 2007 und 2012 um 1,4 Billionen Euro erhöht. Hinter diesen Zahlen stecke jedoch auch "eine sehr ungleiche Verteilung der Privatvermögen". So vereinten "die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich". Der Anteil dieses obersten Zehntels sei dabei "im Zeitverlauf immer weiter gestiegen". 1998 belief er sich laut den amtlichen Zahlen auf 45 Prozent, 2008 war in den Händen dieser Gruppe der reichsten Haushalte bereits mehr als 53 Prozent des Nettogesamtvermögens. Die untere Hälfte der Haushalte verfüge über nur gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, heißt es in dem Bericht weiter.
Die Zusammenhänge und Konsequenzen jedenfalls sind unübersehbar - für uns alle. Vorallem wenn wir parallel noch verfolgen, was so für uns geplant wird:
n.tv schreibt am 24.9.
EU will alle Internetdaten filtern
Von Roland Peters
Hinter verschlossenen Türen werkelt das von der EU finanzierte Projekt "Clean IT" an der Überwachung aller Kommunikation im Internet. Gesetze sollen nicht nötig sein. Nun wird ein vertrauliches Konzeptpapier veröffentlicht. Datenschützer reagieren entsetzt. "Ein Eingriff in die rechtsstaatlichen Prinzipien", so ein EU-Abgeordneter bei n-tv.de.
Ein Scherz? Nein. "1984" lässt grüssen. Wir sind im Land der Gehirnwaschungen, Maulkörbe und totalen Überwachung längst angekommen.