Rund um den täglichen Wahnsinn S21
Heute erst habe ich aufgrund einer Twittermeldung einen Artikel der TAZ link der ganz besonderen Art gelesen. Er ist zwar schon zwei Monate alt, aber was er zutage bringt, ist fast schon eine Bestätigung dessen, worüber so manche ProtestlerInnen bereits seit letztem Sommer nachgrübeln.
Wenn es wie bei Stuttgart 21 um Großprojekte des Städtebaus geht, denkt in Italien jeder zuallererst an die Begierde, die diese bei den Clans auslösen. Öffentliche Aufträge sind ein Haupterwerbszweig der Mafia, nicht nur in Sizilien und Kalabrien, sondern zunehmend auch in Norditalien - wo zuletzt in Mailand die Expo 2015 für Aufregung sorgte.
Bei den Aufträgen für die Expo mit einem zu erwartenden Umsatz von 44 Milliarden Euro macht die Mafia das große Geschäft. Ein Bericht der Mailänder Finanzpolizei stellte fest, dass die Bauindustrie die Branche sei, die in Mailand am häufigsten von der Mafia - insbesondere der kalabresischen 'Ndrangheta - unterwandert sei.
Doch nicht bei uns!
Warum geht bei Stuttgart 21 niemand der Frage nach, ob nicht auch dort die Clans verdienen? Immerhin gilt Baden-Württemberg seit vierzig Jahren als eine Hochburg der Mafia in Deutschland. Es gibt viele Parallelen zwischen Norditalien und Deutschland, zwischen Stuttgart und Mailand, zwischen den Megaprojekten Stuttgart 21 und Expo 2015 - vor allem im Hinblick auf die Ignoranz: Sowohl in Norditalien als auch in Deutschland gibt man sich überzeugt, die Mafia sei ausschließlich ein Problem des rückständigen Süditaliens, der arbeitsame und aufrichtige Norden sei vor einer solchen Gefahr gefeit.
Dazu passt auch dieser Bericht der FAZ link
Mafia in Deutschland
Von Michael Ohnewald
Bemerkenswert ist in dem oben erwähnten Bericht der TAZ und FAZ der erwähnte Zusammenhang Oettingers mit den mafiösen Strukturen:
Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) wiegelte bereits im Jahr 2008 ab, als einige SPD-Abgeordnete im Landtag eine Anfrage zur Präsenz der Mafia in Baden-Württemberg stellten. Auch die Frage, ob die Aussagen italienischer Kollegen zuträfen, denen zufolge ein gewisser "M. L." in Baden-Württemberg tätig sei, wurde abschlägig beschieden. Man wagte nur, die Initialen des Gastronomen zu nennen, obwohl die damalige Freundschaft des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger zu dem Kalabrier bereits umfangreich dokumentiert wurde.
Vielleicht wäre es nun an der Zeit, nochmals eine Anfrage zur Präsenz der Mafia in Baden-Württemberg zu stellen?
2008 erschien auch folgender Artikel des Stern:
Oettinger und der Pizzabäcker
Macht, Geld und Vitamin C. Zu diesen Stichworten passt auch der nachfolgende Kommentar in der Kontext: link
Im Weinberg der Macht
Hier auf halber Höhe des Stuttgarter Kessels gibt man sich äußerlich schwäbisch-bescheiden. Doch drinnen soll es – hui! - so richtig zur Sache gehen. Sagen manche, die schon drin gewesen sind. Und viele, die nie reinkommen werden. Über die wichtigen Projekte des Landes werde dort beraten. Ein offenes Gespräch zwischen den Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Politik und Medien soll es dort geben, streng geheim natürlich, unbeeinträchtigt von aller lästigen politischen Korrektheit. Es braucht nicht allzu viel Fantasie, um sich solche Runden in einem Bundesland vorzustellen, das fast 58 Jahre lang von der gleichen Partei regiert wurde. Man kennt sich.
Bekannt wurde das IHK-Häusle durch den Streit über Stuttgart 21, der längst eine ganze Stadt spaltet. Es war auch schon Kulisse für den "Tatort" und für Theaterstücke, doch vor allem steht es symbolisch als Tatort für das Bahnhofsprojekt. Hier oben, mit ausgeruhtem Blick auf den Talkessel und den Kopfbahnhof, soll der Entschluss vorbereitet worden sein, den Bahnhof samt Gleisen im Stuttgarter Untergrund zu versenken. Hier sollen sich die Herren aus den Redaktionen, von der IHK, Bahn und Politik zwei, drei Gedanken darüber gemacht haben, wie man dieses Vorhaben voranbringen kann, das sie für einen großen Fortschritt halten, weil es Stuttgart endlich mit dem Rest der Welt verbindet.
Letzten Sonntag waren wir auf dem Bahnhofsturm und ich habe folgende Fotos gemacht, die ich hier einstelle für diejenigen, die nicht in Stuttgart wohnen und sich ein Bild von unserer Stadt machen möchten. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich Stuttgart sehr verändert. Alte Häuser wurden eingerissen, dabei wurde wenig auf Denkmalschutz geachtet. An ihrer Stelle stehen nun Beton- und Glasbauten der Macht, (Banken, Versicherungen, leerstehende Bürogebäude usw.) wie sie in jeder Stadt zu finden sind und die unsere Städte sozusagen gesichtslos und visuell unbedeutend machen. Wer genau hinschaut, sieht, dass der innere Ring von diesen Bauten übersät ist und der äußere Ring sich noch harmonisch zwischen den Weinbergen einschmiegt. Von jenem Weinberghäusle der Macht haben sie natürlich einen wunderbaren Ausblick auf "ihre" Stadt.
Ihre Stadt? Nein, es ist und bleibt unsere und genau das versuchen wir ihnen seit einem Jahr klarzumachen.
Direkt über dem Weinberg steht besagtes Häuschen mit wunderbarem Ausblick
Die Bilder sind der Reihe nach eingestellt im Rundblick. Schillerstrasse/Kriegsbergstrasse
Die Kö (Königsstrasse, Einkaufsmeile)
Richtung Stuttgart Süd/Ost
Stuttgart-Ost mit Wagenburgtunnel
Besagter Schlossgarten, bei dem es ums Ganze geht mit Planetarium.
Stuttgart-Ost/Richtung Bad Cannstatt
Noch mehr Park, Richtung Biergarten und dem sogenannten Grundwassermanagment.
Grundwassermanipulation
Gleisvorfeld des Bahnhofs
Die graue "Pracht" der Luxusmonumente der Banken. Versicherungen und Autohäuser, die sich die ganze Heilbronnerstrasse hinaufzieht.