Die Bahn - Staat im Staate
Mannheim. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat heute einen Antrag gegen die Räumung des Zeltlagers von Stuttgart-21-Gegnern und gegen ein Aufenthalts-und Betretungsverbot von Teilen des Stuttgarter Schlossgartens abgelehnt. Damit bestätigte der VGH eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Die Räumungspflicht sei nach dem Polizeigesetz gerechtfertigt, urteilte der VGH in Mannheim
Der organisierte Widerstand von Gegnern des Milliardenprojekts der Bahn rechtfertige die Prognose, dass es seitens der Projektgegner "zur Begehung von Straftaten" kommen werde, hieß es.
Wir haben es an sich nicht anders erwartet. Aber es ist ungeheuerlich, was hier behauptet wird. Wir sind organisiert und deshalb automatisch kriminell? Hat eigentlich überhaupt jemand Interesse daran, aufzuklären, was am 22. Januar im Nebenstollen des Wagenburgtunnels anläßlich des Polizei-Einsatzes und der Baumfällungen passiert ist? Die Bilder sind ja bekannt:
StN - Wagenburgtunnel - 10.000 Euro Schaden durch Randalierer
Die Polizei sucht einen Unbekannten, der am Samstag im Fluchtstollen des Wagenburgtunnels ein halbes Dutzend Kameras zerstörte. Der Täter war maskiert und mit einem Brecheisen bewaffnet. Nach Angaben des Tiefbauamts hat er bei seiner Aktion 10000 Euro Schaden angerichtet. Dabei hat der Stollen gar nichts mit der Bahn zu tun.
Eine Inszenierung, um Stuttgart-21-Gegner in Verruf zu bringen?
Das Bild wirkt wie gestellt. Ein Maskierter holt in einem Fluchttunnel mit einem Brecheisen aus, zielt auf eine Überwachungskamera. Stuttgart-21-Gegner können nicht glauben, was sie da sehen: "Ein Archivfoto ohne Bezug", wiegelt einer in einschlägigen Foren im Internet ab. "Das war nicht von Samstag Nacht", ein anderer. "Habe gesehen, wie dieser Vermummte Fotografen einlud", so eine andere Stimme.
Eine Inszenierung, um Stuttgart-21-Gegner in Verruf zu bringen? Keineswegs, sagt die Agentur-Fotografin Franziska Kraufmann. Sie war zusammen mit einem Fernsehteam des SWR darauf aufmerksam geworden, dass zahlreiche Personen in einem Nebenstollen des Wagenburgtunnels aus und ein gingen. Sie folgte den Protestierenden durch die Fluchttüren - und entdeckte die erste herunterhängende Überwachungskamera. Kurz darauf stießen Fotografin und Kameramann auf einen Vermummten. Das soll kurz nach 21 Uhr gewesen sein.
"Er wirkte sehr selbstsicher", sagt Franziska Kraufmann, "und hatte nichts dagegen, dass er während der Taten fotografiert wurde." Schal und Kapuze machten sein Gesicht unkenntlich. Er trug Motorrad- oder Mountainbike-Handschuhe der Marke "Axo Sport". So zog er durch den Stollen, um die Kameras herunterzuschlagen.
Vermutlich allen, die sich dieses gestellte Foto anschauen, stellen sich sicherlich sämtliche Krägen hoch. Es gibt noch mehr Fotos, auf denen er dann auf die Kameras einschlägt. Leider finde ich sie im Augenblick nicht. Aber dieses eine reicht schon, um zu erkennen, dass da etwas ganz und garnicht stimmt. Noch obskurer wird es, wenn wir folgendes Foto anschauen. Die auffällige Jacke dieses fotogenen sauberen Herrn findet sich später im Schloßgarten an unserem von uns gepflanzten Widerstandsbaum wieder, weithin für alle sichtbar.
Passend dazu ein Satz in der Stuttgarter Zeitung
So gesehen ist der juristische Erfolg, den die Stadt Stuttgart am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht gegen prominente Kläger erzielt hat, von eher geringem Wert. Gewiss, der Weg ist danach frei, das wüste Zeltlager im Park umgehend zu räumen. Und interessant ist, dass just die Proteste vom Wochenende, als S-21-Gegner im Wagenburgtunnel auch Straftaten begangen haben, ins Urteil eingeflossen sind. Allerdings kann die Entscheidung binnen vierzehn Tagen in höherer Instanz angefochten werden. Und ein Vollzug ist ohnehin nur dann möglich - so haben es die Richter einschränkend verfügt - wenn das Eba die Baumfällungen tatsächlich genehmigt. Die S-21-Partner haben also nur einen kleinen Etappensieg errungen.
Wie kann eine Straftat, die noch nicht aufgeklärt ist und für die wir aller Wahrscheinlichkeit nach nicht verantwortlich sind, in ein Urteil einfließen?
Stuttgarter Polizei legt Planung für S21-Einsatz auf Eis
Die Baumfällarbeiten für S21 im Schlossgarten verzögern sich offenbar weiter. Das Polizeipräsidium hat seine Planungen für den Großeinsatz nach eigenen Angaben "bis auf Weiteres auf Eis gelegt". Das Land wollte die Entscheidung über zwei Eilanträge abwarten, von denen einer bereits abgelehnt wurde.
Hotelbuchungen für auswärtige Polizisten gestoppt
"Wir hatten schon begonnen, unsere Planungen umzusetzen", sagte Polizeisprecher Stefan Keilbach. Als die Information zur Verschiebung des Einsatzes gekommen sei, habe man etwa die Hotelbuchungen für auswärtige Polizisten sofort gestoppt.
CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf der grün-roten Landesregierung vor, sich bei Stuttgart 21 in die Arbeit der Polizei einzumischen. Die Bahn habe Baurecht. Die Eilanträge beim Verwaltungsgerichtshof hätten keine aufschiebende Wirkung. Das bestätigte ein Sprecher des Innenressorts: "Man will die Eilanträge abwarten, obwohl man das rechtlich nicht müsste."
Regierungssprecher: "Wir haben keine aktive Rolle"
Stuttgart - Die Deutsche Bahn hat bei der Herrenknecht AG in Schwanau die Bohrmaschine zum Bau der beiden Röhren des Fildertunnels bestellt. Sie soll sich noch in diesem Jahr zwischen A8 und dem Industriegebiet Fasanenhof-Ost in den Untergrund graben. Das Tunnelbauverfahren mit einer Maschine ist allerdings noch nicht genehmigt.
Hausbesitzer fürchten Schäden an ihrem Eigentum
Die Bahn überraschte am Montag die rund 60 Zuhörer damit, dass sie ihren Änderungsantrag nochmals ändern will. Eine Kaverne, die die je 9,4 Kilometer langen Röhren unter dem Wagenburgtunnel miteinander verbindet, solle kleiner werden. Dort soll die von oben kommende Maschine umgedreht werden, damit nach oben gegraben werden kann. Unterlagen dazu gibt es keine, ein Antrag beim Eba sei noch nicht gestellt, sagt die Bahn. Die betroffenen Bürger und Naturschutzverbände forderten daraufhin den Abbruch des Verfahrens. Stefan Rengers, der für das Regierungspräsidium die Erörterung leitet, lehnte das ab. Weil die Kaverne kleiner werde, liege für die Anwohner "keine neue Betroffenheit vor".
Die Hausbesitzer fürchten Schäden an ihrem Eigentum. Professor Walter Wittke, Gutachter für die Bahn, versuchte zu beruhigen. Der Wagenburgtunnel werde durch die Bohrarbeiten allenfalls um fünf Millimeter absinken. Bis zum Bahntunnel gebe es 25 Meter festes Gestein. Frank Schweizer, Eigentümer des Hauses Kernerstraße 32, beruhigte dies nicht: "Mein Haus wird stark in Mitleidenschaft gezogen, das betrifft meine Altersversorgung", sagte er.
Am Dienstag verhandelte das Regierungspräsidium Stuttgart Einwände gegen Änderungen, die die Bahn beim Bau des Fildertunnels vornehmen will. Dessen je 9,4 Kilometer lange Röhren beginnen nahe der Sängerstraße. Zum Thema Grundwasser gebe es keine Änderungen, sagte Theo Westhoff, Geologe und Gutachter für die Bahn. Die Brunnen sollen gleichviel schlucken wie bisher. Was sich allerdings ändert, ist die Menge Wasser, die für den Bahnhof abgepumpt werden könnte. Drei Millionen Kubikmeter waren vorgesehen, dann wurden 6,8 Millionen beantragt. Die Bahn hat diese Zahl zurückgezogen. "Ich kann Ihnen keine aktuelle Menge nennen", ließ Anwalt Peter Schutz die Anwohner im Ungewissen. Auch wenn unten mehr abgepumpt werden würde, bliebe der Ameisenberg stabil, versicherten die Gutachter.
Tunnelbohrung soll leise von Statten gehen
Risse könnten aber entstehen, wenn einige Häuser, die knapp über dem Fildertunnel stehen, angehoben werden. Das sieht die Bahn an der Urbanstraße vor, um die durch den Tunnelbau hervorgerufene anschließende Geländesenkung ausgleichen zu können. Diese und andere Häuser werden in ein Beweissicherungsprogramm aufgenommen, mit dem Schäden dokumentiert würden. Der Eingriff am Tunneleingang geschehe nahezu "chirurgisch", so die BahnEine Tochter der Landesbank Baden-Württemberg ködert im Auftrag der Bahn Hausbesitzer, die vom S-21-Tunnelbau betroffen sind, mit Entschädigungszahlungen. Auch mit Enteignung wird gedroht. Die LBBW Immobilien Landsiedlung GmbH darf im Grundbuchamt umfangreiche Daten erheben. Kritische Juristen warnen, Angebote vorschnell anzunehmen.
Schon der Versuch, Einzelheiten über den Tunnelbau und seinen exakten Verlauf herauszubekommen, ist für Otto Normalbürger praktisch zum Scheitern verurteilt. Wer beim Eisenbahn-Bundesamt nachfragt, das für die Planfeststellung, also die Genehmigung zuständig ist, erhält eine lapidare Antwort: Die Betroffenen hätten bei der Offenlegung der Pläne "Gelegenheit gehabt, Einwendungen zu erheben". Dann weiß diese Behörde im Einzelfall natürlich auch, dass "dies nicht geschehen ist", und weil es nicht geschehen ist, sieht sich das Eisenbahn-Bundesamt bei detaillierten Nachfragen "außerstande, Ihnen die gewünschte Information zukommen zu lassen".
Als Trostpflaster hilft nur noch, beim Amt vor Ort Einsicht zu nehmen. Diese wird auf Anfrage gewährt. Und dann stehen ziemlich ratlose Bürger vor ein paar Dutzend Aktenordnern, in denen sie ihr Häuschen finden und die Auswirkungen des Tunnelbaus verstehen sollen. Ein bisschen genauer antwortet zwar das Bürgerbüro der Stadt Stuttgart, verbunden jedoch mit der "Bitte um Verständnis", dass die Auskünfte sich auf mehrere Jahre alte Planunterlagen bezögen, weswegen "eine Haftung für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Unterlagen nicht übernommen werden kann".
Mitarbeiter der Landesbank "wie eine Drückerkolonne"?
GERALD's BAUMBESETZUNG from Igor Czybulsky on Vimeo.